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Zum Nachdenken



Liebe Gemeinde,

„Weißt du, was mich getragen hat in all der Zeit?„ Etwas ratlos blickte ich meine Kirchenvorsteherin an, deren 43-jährige Tochter ein paar Monate vorher verstorben war. „Mein Glaube!„

Die Familie wusste – nicht nur wegen dieses viel zu frühen Todes – was Leid ist. Deswegen stimmt es auch nicht, dass ich sie beneide oder irgendwie bewundere; aber solchen Glauben wie sie in dieser Zeit bewiesen hat, hätte ich doch gern. Er würde mir, da bin ich mir sicher, auch helfen: Er würde helfen, wenn ich die Trockenheit sehe, die der Natur auch in diesem Jahr wieder zu schaffen macht. Er würde mir helfen, das Grauen der vielen großen Kriege in der Welt und der kleinen Kriege im Dorf zu ertragen. Und er würde mir Halt geben, wenn immer mehr Menschen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu spüren bekommen.

Auch manche persönliche Krise kommt noch dazu – wie bei so vielen der Menschen, mit denen ich zu tun habe. Einige von ihnen finden ihre Hilfe in politischen Parolen, je reißerischer und plumper, desto besser. Etliche lassen die Probleme anderer nicht an sich heran und fühlen sich wohl, weil sie selbst nicht zu den Verlierern der wirtschaftlich schwierigen Zeit gehören. Beides mag ich nicht.

Viel schlimmer aber finde ich die Menschen, die resignieren. Sie ärgern mich – und tun mir gleichzeitig von Herzen leid. Sie haben keine Perspektive und sehen keine Zukunft – weder für sich selbst noch für andere.

Der Monatsspruch für September erzählt auch von Krisen, wenn sie auch nur zu ei-nem kleinen Teil mit unseren heutigen vergleichbar sind: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke„, heißt es in Psalm 46. Doch dieser Satz ist nur die Hälfte. Im Ganzen heißt er: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.„ Wer auch immer das gebetet und aufgeschrieben hat, behauptet nicht, dass es keine Krisen gäbe; aber er weiß, wo er Kraft und Mut hernimmt, um mit seinen Problemen und denen seiner Zeit fertig zu werden. Denn Gott ist an seiner Se-te und lässt ihn nicht im Stich. Er nährt die Hoffnung auf eine Zukunft, in der es wieder besser wird.

Ich übernehme das gerne aus dem Judentum. Als Christ geht mein Vertrauen auf Gott aber sogar noch weiter. Denn er verspricht mir eine Welt, in der es nicht nur besser sein wird, sondern uneingeschränkt gut! Das lässt mich aufatmen, obwohl es heiß und
trocken ist. Es unterstützt mich, im Rahmen meiner Möglichkeiten Frieden zu verbreiten. Und es lässt mich nicht aufgeben – egal, wie schlimm die Krisen um mich herum und in der Welt auch sind.

Mein Glaube ist, fürchte ich, nicht so unerschütterlich, wie der meiner damaligen Kirchenvorsteherin; aber ich weiß: Glaube würde mir nicht helfen und Halt geben; er tut es.
Und damit wissen Sie was mich trägt in all meiner Zeit: Mein Glaube!

Ihr Pfarrer

Daniel Lischewski